Das kleine Buch vom achtsamen Leben

Das kleine Buch vom achtsamen Leben: 10 Minuten am Tag für weniger Stress und mehr Gelassenheit

  • Autor: Patrizia Collard
  • Verlag: Heyne Verlag
  • Auflage: Deutsche Erstausgabe (8. August 2016)
  • ISBN-10: 3453703103
  • ISBN-13: 978-3453703100
  • Gebundene Taschenbuch: 96 Seiten
  • Kategorie: Selbstbewusstsein & -vertrauen
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Das kleine Buch vom achtsamen Leben

Die meditative Lektüre im Ansichtskartenformat ist seit August 2016 am Buchmarkt erhältlich. Das Cover erinnert an eine Einladung zum Kindergeburtstag. In ihrem lässig anmutenden Schreibstil konfrontiert Collard ihren Adressatenkreis mit der Kernaussage, dass der moderne Sofortismus kein vielversprechender Gefährte im Alltag ist. Die Kunst heilsame Geister aus sich selbst hervorzuholen scheint die Autorin zwar zu beherrschen, wirklich konkret wird sie jedoch nur in ihrer Beschreibung von Atem -und Körperübungen. Wir erfahren grob gesagt, dass es für echte Achtsamkeit die Komfortdistanz zu überwinden gilt und achtsame Menschen sich letztlich in einem sozialen Training wieder finden dürfen.

Unter günstigen Umständen hätte Collard uns eine Geschichte von entspannten und weniger unter Selbstmarketingsdruck stehenden Menschen erzählen können. In Zeiten von Trump, Klimahysterie und Dumpinglöhnen sind die Umstände aber nicht günstig. Die Alltagsbedingungen des Durchschnittsbürgers in der hochdifferenzierten Gesellschaft Deutschlands schon gar nicht. Denn, wir sind komplett durch-funktionalisiert – eine Binsenweisheit.

Wer nicht handelt findet keinen befriedigenden Sprachstil! – in diesem Dilemma sieht die Autorin ihre Leserschaft verfangen. Es muss einen Ausweg aus dieser misslichen Lage geben. Collard zeigt ihn auf, fasst nach und schwächt panische Impulse ab. Mit „des Atmens gewahr sein“, „Seestern“ oder „Bodyscan“ soll der innere Fixpunkt ausgelotet werden. Die in Das kleine Buch vom achtsamen Leben anvisierte Vervollkommnungsmotivation verführt dazu, opfertaugliche Grenzerfahrungen zu ergründen. Insgesamt jedoch mangelt es dem Buch an Gespür, eine überzeugende Ilussion des Besonderen zu entfalten. Allzu gerne wird darauf verzichtet, das alltägliche Wechselbad zwischen Innen -und Außenwelt auszuleuchten.

Patrizia Collard scheint bewusst auszuklinken, dass der/die Einzelne nicht zu 100 Prozent nur in sich wohnt. Unser Schicksal ist, dass wir Impulse wahrnehmen, innen wie außen zu agieren. Die vortreffliche Aufgabe von Achtsamkeitstraining sollte es demzufolge sein, die dadurch entstehenden zwischenmenschlichen Klüfte und Paradoxa abzumildern, wenn nicht gar komplett zu schließen. Diesbezüglich lässt die Autorin
rhetorisch akribische Winkelzüge vermissen.

In sieben Textpassagen wird den Leser/innen das Ziel eines sicheren Settings zwischen der Brotbox und dem Hängeschrank über der Spüle versprochen.
Der Kapitelkatalog durchläuft einen sinnvoll angeordneten Argumentationszug. Die einzelnen Abscchnitte arbeiten sich entlang des Prinzips ‚Sicherheit durch Übung‘ ab. Doch scheint es Collard kaum zu stören, dass die sich beim Leser einstellende Erkenntnisenergie eher im Notstrommodus fließt.

Im Bereich der achtsamen Einzelbeter ist weder Platz für Kräftemeierei, noch für Energiekriege, die sich in ernüchternden Abwehrkreisläufen verpulvern. Die Lektüre eignet sich dazu den Aussteiger allenfalls zu mimen. Eine echte Gefühlswende lässt sich mit dem Buchinhalt nicht vollziehen.

Patrizia Collard gelingt es immerhin einen eigentümlichen Einbruch vom Gebiet des substanziellen Ich-Konsums in das der verhaltenslenkenden Filterwirkungen in Gang zu setzen. Dort wo sie Fragen nach kalkulierbaren Lebensgewohnheiten aufwirft wird sie energisch, taff und beharrend. Dort wo sie eigens den Bedarf nach Rückzugsidylle beschwört verfährt sie eher sanft und gebremst provokant.

Melanie Neuhauser

Hallo! Ich bin Melanie, bekennende Leseratte und schreibe für Euch diese Bücher Rezension. Kontakt per Twitter: https://twitter.com/Buchkiller