1913: Der Sommer des Jahrhunderts
- Autor: Florian Illies
- Verlag: S. FISCHER
- Auflage: 12 (23. Oktober 2012)
- ISBN-10: 3100368010
- ISBN-13: 978-3100368010
- Gebundene Ausgabe: 320 Seiten
- Kategorie: Roman
1913: Der Sommer des Jahrhunderts
In seinem aktuellen Buch „1913: Der Sommer des Jahrhunderts“ lädt Florian Illies den Leser ein zu einem Spaziergang durch die Zeit vor genau einhundert Jahren.
Illies, der sich schon jung mit seinem Generationenporträt „Generation Golf“ einen Platz im deutschen Literaturgeschehen sicherte, überzeugt dieses Mal mit einem unterhaltsamen Einblick in das Leben kurz vor dem ersten Weltkrieg. Ein ganzes Jahr lang lässt er den Leser zum Beispiel Franz Kafka auf seinem leidvollen Weg in die Ehe folgen, der in einer Sackgasse enden wird. Er berichtet von Thomas Mann, dessen Theaterstück gerade gefloppt ist und der daheim, sicher in bürgerliche Spießigkeit gehüllt, an seinem neuesten Roman arbeitet, der „Der Zauberberg“ heißen soll. Zur gleichen Zeit verdient sich ein gewisser Adolph Hitler seinen kärglichen Lohn als Aquarellmaler, zunächst in Wien und später in München. Else Lasker-Schüler, Sigmund Freud, Oskar Kokoschka, ihnen allen sieht Illies beim Leben über die Schulter und lässt sie in seinem Buch auferstehen.
- Illies, Florian (Autor)
Obwohl „1913“ auf den ersten Blick eine Faktensammlung zu sein scheint, erwartet den Leser hier kein weitläufiges Panoramabild der Weltgeschichte, keine trockene Abhandlung über Daten und Orte. Es bleibt heimelig, Deutschland, besonders Berlin, steht häufig im Mittelpunkt des Geschehens, und auch wenn der Blick sich manchmal auf den Kaiser richtet, allzu politisch wird es nicht. Das Verschwinden der Mona Lisa wird, spannend wie ein Krimi, ebenso zum Teil des Geschehens wie Freud, Jung und die Theorie vom Vatermord, und zwischendurch werden zur Auflockerung auch noch Schnittmuster nach der neuesten Mode und Tipps aus dem Bauern-Kalender eingestreut.
Neben all dem ist „1913“ auch ein Reiseführer in die Kulturgeschichte. Man lernt viele Namen vielleicht neu, vielleicht wieder kennen, man erfährt von Büchern, die es sich zu lesen lohnt, von einflussreichen Kunstwerken und weltverändernden Begebenheiten.
Dem Autor hat es offensichtlich Freude gemacht, sich in Dokumenten zu vergraben und von dort aus das Jahr 1913 zu entdecken, seine Recherche reicht weit, von den Tagebüchern großer Persönlichkeiten bis hin zu den Frauenzeitschriften jener Tage.
Lesen möchte man „1913“ mindestens zweimal, denn einerseits kann man das flüssig geschriebene Buch nicht aus der Hand legen, andererseits lohnt es sich, die nach Monaten aufgeteilten Kapitel in ihrem entsprechenden Monat zu lesen und so ein Gefühl für die zeitlichen Abstände zu bekommen.
Ein kurzweiliges Buch, von dem man sich für jedes Jahr des vergangenen Jahrhunderts eine eigene Version wünscht. Solange das Zeitreisen noch nicht erfunden ist, muss man sich mit dem Nächstbesten begnügen, und Illies eignet sich dabei hervorragend als Fremdenführer.